Frage

Unser Labrador-Mischlingsrüde (7) hat, als wir einen kurzen Moment nicht aufgepasst haben, ein gebratenes Stück Fleisch erwischt und gefressen. Dieses enthielt jedoch noch einen Holzspiess in der Länge von acht bis zehn Zentimetern. Ich habe versucht, mich im Internet schlauzumachen. Da wird unter anderem geraten, dem Hund Futter mit Sauerkraut zu geben oder den Tierarzt aufzusuchen. Was soll ich unternehmen?

Ruth Brechbühler, Bellmund BE

Das sagt Dr. Thomas Schneiter

Dr. Thomas Schneiter ist Spezialtierarzt FVH in der Tierklinik Sonnenhof in Derendingen SO

Es gibt verschiedene Gründe, warum Hunde etwas runterschlucken. Beim Junghund passiert das oft im Spiel. Er spielt mit einem Gummiball, einer Stoffpuppe oder etwas Ähnlichem und schluckt ein Stück davon. Bei Hunden im mittleren Alter kann Gier ein Motiv für das erschlucken von Dingen sein – er nagt an einem Knochen und irgendjemand, sei es Mensch oder Tier, will ihm den Knochen wegnehmen. Statt den Knochen zu teilen, wird er schnell verschluckt.

Alte Hunde verschlucken plötzlich die unmöglichsten Dinge. Diese sogenannte Allotriophagie kann ein Hinweis auf eine Krankheit sein, die genauer abgeklärt werden muss. Hunde können fast alles schlucken; vom erwähnten Knochen, zum Maiskolben bis zur Rasierklinge. Röntgendichte Fremdkörper, zum Beispiel Steine oder Knochen, sieht der Tierarzt auf dem Röntgenbild sofort. Schwieriger wird es bei röntgendurchlässigen Strukturen, zum Beispiel Socken oder Gummiteilen. Bei solchen Fremdkörpern im Magen-Darm-Trakt sieht der Tierarzt eine Ansammlung von Gas und kann einen Fremdkörper nur vermuten. Für den Hund ist es wichtig, dass erkannt wird, wo ein Fremdkörper stecken oder liegen geblieben ist. Ein solcher in der Speiseröhre ist viel gefährlicher als im Magen. In der engen Speiseröhre drückt der Fremdkörper auf die Schleimhaut und kann dazu führen, dass durch den Druck das Gewebe kaputtgeht. Man spricht von einer Perforation. Die Prognose für eine solche Verletzung ist schlecht.

Zu Ihrem Fall: Leider kommt das vor allem bei Retrievern ab und zu vor. Ein geschluckter Holzspiess von acht bis zehn Zentimeter Länge macht Probleme, weil er nicht erbrochen und wegen der Länge nicht durch den Darm transportiert werden kann. Der Holzspiess bleibt zuerst im Magen liegen und kann dann «wandern». Das heisst, dass er vom Körper durch die Magenwand, durch die Bauchmuskulatur und dann durch die Haut ausgestossen wird. Kurz vor der Hautperforation erscheint ein Buckel an der Flanke der betroffenen Hunde. Der Buckel kann sich eines Tages öffnen und der Spiess wird von aussen sichtbar. Für den Hund ist das sehr schmerzhaft und eine grosse gesundheitliche Belastung.

Damit es nicht so weit kommt, empfehle ich Ihnen, mit Ihrem Hund zu fasten und einen Termin bei einem Tierarzt abzumachen, der über ein Gastroskop verfügt. Dieser kann dann mit einem flexiblen Endoskop via Maul in den Magen schauen. Man spricht auch von einer Magenspiegelung. Der Spiess kann durch das Endoskop mit einer Zange gefasst und vom Magen durch die Speiseröhre aus dem Maul gezogen werden. Mit dieser Behandlung wird ihr Hund keine Folgeschäden haben – und kann sich bald aufs nächste Fleischstück stürzen.

Dr. Thomas Schneiter
dr. Qualipet

Dr. Q-Pet

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