Hunde kastrieren – Ja oder Nein?

Der tierärztliche Fachbegriff «Kastration» steht für einen Eingriff, bei dem den Tieren ihre Keimdrüsen entfernt werden. Die Kastration ist der weltweit häufigste Grund für einen Besuch beim Tierarzt. Dem Rüden werden dabei die Hoden entfernt, bei Hündinnen hingegen die Eierstöcke und teilweise auch die Gebärmutter. Wodurch die Fortpflanzungsfähigkeit des Tiers unterbunden wird.

Gründe für eine Kastration

Hunde sind seit vielen Jahren treue Begleiter des Menschen und zählen zu den beliebtesten Haustieren weltweit. Zieht ein Welpe ein, dann scheint die Welt erst perfekt zu sein. Allerdings oftmals nur bis die Pubertät eintritt, denn sie verändert einiges. Viele Hunde zeigen dann plötzlich Desinteresse an ihrem Herrchen oder Frauchen. Kommandos scheinen in Vergessenheit geraten zu sein, es wird an der Leine gezogen und vor allem andere Hunde sind interessanter denn je. Rüden beginnen auch das Bein zu heben, während Hündinnen ihre erste Läufigkeit erleben. Manche Hunde haben plötzlich einen besonders starken Trieb und verhalten sich ungehorsam oder dominant. Diese veränderten Verhaltensmuster sind für viele Hundebesitzer Grund genug, ihren vierbeinigen Freund zu kastrieren. Häufig erhoffen sie sich, dass die Kastration bei der Bewältigung dieser Probleme hilft. Denn es ist bekannt, dass Hunde nach der Kastration wieder ruhiger und gehorsam werden. Doch das ist nicht die Regel und kann von Hund zu Hund anders sein. Hauptgrund der Kastration sollte aber ganz klar das Unterbinden einer ungewollten Fortpflanzung der Tiere sein. Weitere Gründe können auch das Vorbeugen von Krankheiten, das Verhindern einer Scheinträchtigkeit bei Hündinnen, allgemeine Stressreduktion und vieles mehr sein. Wir haben hier ein paar Pro- und Contra-Argumente der Kastration für Sie zusammengetragen:

Chemische und operative Kastration im Vergleich:

Wirkung:

Die chemische Kastration kann zu starken Hormonschwankungen führen. Ähnlich wie bei der Einnahme der Antibabypille muss sich der ganze Hormonhaushalt erstmals einpendeln. Dieser Prozess kann bis zu 6 Wochen dauern und zu einem Hormonpeak führen, was die unerwünschten Verhaltensmuster noch stärker ausprägen kann. Es wurden auch Fälle dokumentiert, in denen die chemische Kastration keine Wirkung zeigte. Bei einer chirurgischen Kastration ist dies nicht der Fall. Es dauert jedoch ebenfalls ca. 6 Wochen bis sich die Hormone stabilisiert haben.

Eingriff:

Hier steht die chemische Kastration klar im Vorteil, da sie mit einer Injektion oder Tabletten durchgeführt wird. Bei einem chirurgischen Eingriff muss der Hund einer Vollnarkose unterzogen werden, die nicht zu unterschätzen ist. Auch nach der Operation gibt es einige Auflagen: die nächsten 5 bis 10 Tage gilt Leinenpflicht, da die Wunde bei zu wildem herumrennen oder spielen aufreissen kann. Es besteht auch die Gefahr einer Infektion. Daher müssen gewisse Vorkehrungen getroffen werden, wie zum Beispiel das Tragen eines Kragens. Dieser verhindert, dass der Hund die Wunde ableckt und mit Bakterien infiziert.

Dauer der Wirkung:

Der chirurgische Eingriff ist eine lebenslange Veränderung und nicht rückgängig zu machen. Bei einer chemischen Kastration kann man wählen, wie lange sie wirken soll. Bei Rüden wirkt der Chip ein ganzes oder ein halbes Jahr. Falls positive Veränderungen bei Hund festgestellt werden, kann die chemische Kastration wiederholt oder die chirurgische ausgeführt werden. Wenn jedoch negative Verhaltensmuster auftreten, endet die Wirkung der chemischen Kastration und die Hormone des Hundes kehren wieder in den ursprünglichen Zustand zurück.

Risiken:

Bei einer Kastration müssen die gängigsten Risiken wie Übergewicht, Inkontinenz, orthopädische Erkrankungen, Fell- und Verhaltensveränderung in Kauf nehmen. Deshalb ist wichtig abzuwägen, was im besten Interesse des Hundes ist. Vor einer Operation sollten stets die Beweggründe und mögliche Risiken mit dem Tierarzt besprochen werden. Der Tierarzt ist in der besten Position abzuwägen, welche Variante für Ihren Hund geeignet ist.


Kosten:

Die Kosten der chemischen Kastration sind bei einmaliger Durchführung zwar geringer, jedoch muss sie regelmässig erneuert werden. Letztendlich ist die chirurgische Variante dann trotzdem kostengünstiger. Die Preis schwanken jedoch je nach Tierarzt und auch ob die Kastration bei einem Rüden oder einer Hündin durchgeführt wird.

Die Hündin

Die Kastration einer Hündin kann sowohl chemisch als auch operativ durchgeführt werden. Bei einer chemischen Kastration werden Hormonpräparate verwendet, die der Hündin regelmässig in Form von Tabletten oder Injektionen verabreicht werden. Bei der operativen Kastration werden die Fortpflanzungsorgane hingegen während einer Vollnarkose entfernt. Es gibt zwei verschiedene Verfahren: die Ovarektomie, bei der nur die Eierstöcke entfernt werden und die Ovariohysterktomie, bei der sowohl die Eierstöcke als auch die Gebärmutter entfernt werden.

Die Ovarektomie wird minimalinvasiv durchgeführt, wobei die Bauchdecke nicht grossflächig aufgeschnitten wird. Stattdessen wird beim endoskopischen Verfahren, mithilfe einer Kamera zwei bis drei ca. 5mm grosse Einschnitte vorgenommen. Dies ist eine neuere und eine scheinbar schonendere Variante.

Bei der Ovariohysterektomie hingegen wird ein grösserer Schnitt bei der Bauchhöhle getätigt und die ganze Gebärmutter entfernt.

Der Rüde

Für Rüden gibt es ebenfalls die Möglichkeit einer chemische als auch einer chirurgischen Kastration. Bei dem chirurgischen Eingriff werden die Hoden des Rüden entfernt. Dieser Routineeingriff ist schnell durchgeführt und etwas unkomplizierter als bei den Weibchen. Eine Alterative ist die chemische Kastration. Dabei wird ein Chip mithilfe einer Spritze beim Hund im Nacken eingesetzt, der nach 2 bis 6 Wochen seine Wirkung entfaltet. Der Chip unterdrückt das Testosteron beim Rüden und verringert oder eliminiert seinen Sexualtrieb. Eine chemische Kastration kann eine geeignete Option sein, wenn der Hund unerwünschtes Verhalten aufgrund seiner Sexualität zeigt.

Was sich beim Hund ändern kann

Es ist schwierig genau vorherzusagen, wie sich ein Hund nach einer Kastration verhalten wird. Einige Rüden zeigen deutliche Veränderungen des Triebes, erhöhte Entspannung in Gegenwart anderer Hunde, geringere Markierungsneigung und bessere Aufmerksamkeit, da sie nicht durch Gerüche von ihren Artgenossen abgelenkt werden. Auch bei Hündinnen kann die Motivation für eine Kastrierung durch unerwünschtes Verhalten kommen. Während der Läufigkeit kann es zu einer Scheinschwangerschaft kommen, die häufig zu gestresstem und aggressivem Verhalten beiträgt.

Bei einigen Hunden sind möglicherweise keine signifikanten Unterschiede nach der Kastration zu bemerken. Wenn Sie herausfinden möchten, ob unerwünschte Verhaltensmuster tatsächlich mit dem Sexualtrieb zusammenhängen, kann eine chemische Kastration sinnvoll sein.

Der richtige Zeitpunkt – grosse und kleine Hunderassen

Der richtige Zeitpunkt für die Kastration eines Hundes variiert je nach Hunderasse. Kleinere Hunde erreichen ihre Geschlechtsreife in der Regel schneller und können daher früher kastriert werden als grosse Rassen. Bei grösseren Hunden ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Kastration nicht zu früh durchgeführt wird. Denn zu frühes Kastrieren kann dazu führen, dass sich der Hund nicht vollständig entwickelt. Häufige Folgen sind Gelenkprobleme. Ihr Tierarzt sollte beurteilen können, in welchem Wachstumsstadium sich Ihr Hund befindet und wann der richtige Zeitpunkt für eine Kastration ist. Grosse Hunde sind gewöhnlich mit 2 Jahren ausgewachsen. Bei Weibchen wird empfohlen, die Kastration erst nach Abschluss der Geschlechtsreife durchzuführen. Dann sollte auf die hormonelle Ruhephase der Hündin geachtet werden, dies ist zwischen 3 und 5 Monaten nach der Läufigkeit. Die Ruhephase nennt man Anöstrus, bei der besteht das geringste Operationsrisiko.

Was ist die Sterilisation?

Die Begriffe «Kastration» und «Sterilisation» werden häufig falsch verwendet. Viele denken, dass ein Rüde kastriert und eine Hündin sterilisiert wird, was allerdings nicht korrekt ist. Bei einer Kastration werden die Hoden oder Eierstöcke/Gebärmutter des Tiers komplett entfernt. Bei der Sterilisation bleiben diese jedoch an Ort und Stelle. Es werden nur die Samenleiter durchtrennt oder die Eileiter unterbunden. Somit können nicht nur Hündinnen, sondern auch Rüden sterilisiert werden. Weiter bleibt die Produktion der Sexualhormone bei der Sterilisation unverändert und damit bleibt auch die hormonelle Balance dieselbe. Die Sterilisation hat in der Regel auch keinen Einfluss auf das Verhalten oder den Sexualtrieb des Hundes. Sie führt hauptsächlich zur Fortpflanzungsunfähigkeit des Tiers. Meist wird die Variante der Sterilisation gewählt, wenn der Hund sich nicht abnormal verhält und keine Beschwerden hat.

Ethische Frage

Bei der Entscheidung den Hund zu kastrieren, spielen bei manchen Personen auch ethische Überlegungen eine Rolle. Einige Hundebesitzer argumentieren, dass es unnatürlich sei, einen Hund zu kastrieren, da dies ein wichtiger Aspekt des Charakters beeinflusst. Sie sehen die Möglichkeit Nachkommen zu zeugen als ein grundlegendes Bedürfnis des Hundes an. Es wird zudem argumentiert, dass es nicht fair sei, einem Hund seine sexuellen Bedürfnisse zu nehmen und dass es in den natürlichen Verhaltensweisen des Hundes liegt, sich fortzupflanzen.  

Die ethischen Überlegungen zur Kastration eines Hundes sind vielfältig und es gibt keine schlussendliche Antwort auf all die Fragen. Die Verantwortung des Hundebesitzers besteht darin, das Wohl des Hundes stets zu berücksichtigen. Sich richtig zu informieren und mit dem persönlichen Tierarzt zu sprechen, ist sehr wichtig. Eine Kastration ist keinesfalls eine leichtfertige Entscheidung, denn wie bei uns Menschen kann auch jeder Hund anders darauf reagieren.

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Quellen:

  • https://www.anicura.ch
  • https://www.kleintierkliniks.ch
  • https://herz-fuer-tiere.de
  • https://hundekastration.de
  • https://www.hundeo.com
  • Adobe Stock

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