Darum lieben Katzen Kisten und Kartons

Kennen Sie das? Auf einer Einkaufstour entdecken Sie etwas für Ihre Katzen. Sie kaufen es natürlich sofort und bringen es nach Hause. Wenn Sie es aus der Verpackung holen, erwarten Sie freudig schnurrende Katzen, die dem neuen Katzenspielzeug ihre volle Aufmerksamkeit schenken. Blicken Sie sich dann aber um, entdecken Sie Ihre Katzen allesamt in, auf, hinter, vor und vielleicht sogar auch unter der Kiste, in der Sie die Überraschung nach Hause geschafft haben. Warum erfährt der Karton so viel mehr Beachtung als der Gegenstand, der fürs Büsi bestimmt war?

Katzen sehnen sich nach Sicherheit

Man mag es kaum glauben, aber selbst an einem Ort, an dem sich Katzen zu Hause fühlen, können sie zeitweise Stress oder Furcht empfinden, sei es, weil ein Fremder hereingebeten wurde, der Haussegen mit den übrigen Mitbewohnern schief hängt, ein Hund draussen vorbeiläuft oder der Nachbarskater frech zur Balkontür hereinstiert. Katzen sind oft viel wachsamer als wir meinen. Selbst in ihren Ruhephasen bleiben sie die meiste Zeit über aufmerksam, um potenzielle Gefahren zu erkennen. Zum Erholen suchen sich Katzen deshalb gerne Orte, von denen es sich gut beobachten
lässt und an denen sie geschützt sind und sich sicher fühlen (wie z.B. eine Kiste). Wenn sich ein Büsi nicht sicher fühlt, führt das unweigerlich zu Stress.

Katzen sind Lauerjäger

Katzen lauern beim Jagen ihrer Beute auf. Kleinere Katzenspezies, wie unsere Hauskatzen, verstecken sich, beobachten und schlagen dann im richtigen Moment zu, indem sie einen kurzen Satz oder Sprint hinlegen. Feliden jagen ihre Beute in den seltensten Fällen über lange Strecken in offenem Gelände. Selbst der Gepard (Acinonyx jubatus), der als schnellstes Tier an Land innerhalb von vier Sekunden knapp 96 km/h erreicht, hält diese hohe Geschwindigkeit selten über eine weitere Distanz als 300 Meter durch. Nach einem solchen Spurt ist das Tier maximal ausgepowert, alle Energiespeicher sind leer. Ein Gepard wird sich dann eine Ruhepause gönnen, um die Energie wieder aufzutanken, und das am liebsten an einem Ort, der sich gut als Versteck eignet, wo er sich sicher fühlt, zum Beispiel auf Bäumen oder in Höhlen.

Stress macht Katzen krank

Stress kann bekanntlich krank machen, und zwar nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. Der Blutdruck, die Entwicklung des Fötus während einer Schwangerschaft und nicht zuletzt das Immunsystem werden massgeblich von einem Hormon gesteuert: Kortisol. Bei Stress fährt der Körper die Produktion dieses Stoffes in den Nebennierenrinden hoch, um der höheren Leistungsanforderung genügen zu können. Wenn der Kortisolspiegel im Blut hoch ist, kann eine Folge davon sein, dass Entzündungen zurückgehen. Dies ist manchmal ein erwünschter Effekt, kann aber auch zu Problemen führen, denn dies geht damit einher, dass die Leistung des Immunsystems sinkt. Im ungünstigsten Fall kann Stress so zur Ausbreitung einer Infektion führen. Aber keine Panik. Wie so oft ist es die Dosis, die es ausmacht. Stress, der über ein gewisses Mass hinausgeht, kann jedoch durchaus negative Folgen haben.

Kartonboxen bieten Katzen eine Rückzugsmöglichkeit

Katzen, die einer neuen Umgebung ausgesetzt werden, haben in den ersten Tagen viel Stress. Jede Menge neue audiovisuelle und olfaktorische Eindrücke muss das Tier verarbeiten. In dieser Zeit können Infektionskrankheiten häufiger auftreten und auch allgemein reagieren viele Tiere sensibler auf äussere Faktoren. Es stellt sich die Frage, ob man den Ortswechsel für Katzen stressfreier gestalten könnte.

Wissenschaftlich nachgegangen sind dem die Verhaltensforscherin Claudia Vinke und Kollegen von der Universität Utrecht. Im Jahr 2014 veröffentlichten sie die Ergebnisse ihrer Studie in der Novemberausgabe des Fachblatts «Applied Animal Behaviour Science» unter dem Titel «Kann eine Box zum Verstecken Stress bei Katzen im Tierheim reduzieren?»1 (Übersetzung des Autors). Eine einfache Kiste soll als Mittel zur Linderung von Stress eingesetzt werden können. Wenn der Stress aufgrund der geforderten Anpassung an die neue Umgebung am grössten ist, also in den ersten Wochen, wäre eine wie auch immer erzielte Minderung des Stresses von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit der betroffenen Tiere.

Ziel der Studie mit der Katzenkiste war es, die Wirkung auf das Stressniveau von Katzen in einem niederländischen Tierheim zu bestimmen. 19 neu angekommene Katzen wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Zehn Tiere erhielten eine Kiste und neun wurden regulär untergebracht. Um den Stresspegel der feliden Studienteilnehmer zu messen, ohne für zusätzlichen Stress zu sorgen, griff man zum Mittel der Verhaltensbeobachtungen. Blutabnahmen hätten nur für unnötigen Stress gesorgt. Über einen Zeitraum von 14 Tagen wurden nicht invasiv nach dem Katzen-Stress-Score (CSS) von Kessler und Turner Beobachtungen und Bewertungen durchgeführt.

Anhand von Indikatoren wie der allgemeinen Aktivität sowie Positionen von Ohren und Schwanz konnte schon ab dem dritten und vierten Beobachtungstag ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Die Box zeigte ihre positive Wirkung auf die meisten Versuchskatzen, die nun dem mittleren Bereich der Bewertungsskala zugeordnet wurden, während in der anderen Gruppe die Mehrzahl der Tiere Indikatoren des unteren Bereichs auf dem CSS zeigten.

Nach vierzehn Tagen hatten die beiden Gruppen sich so weit entwickelt, dass die meisten Tiere beider Gruppen nahezu gleich akklimatisiert waren. Aber dieser Zustand war von jener Gruppe, der man die Boxen mitgegeben hatte, bereits am dritten Tag erreicht worden. Wie erklärte man sich dies? «Verstecken ist eine Verhaltensstrategie dieser Spezies, um mit Umweltveränderungen und Stressoren umzugehen», schrieb Vinke dem Internetmagazin Wired₂ (Übersetzung des Autors).
Die Ergebnisse deuten also darauf hin, dass es für Katzen wichtig ist, eine Rückzugsmöglichkeit zu haben, in der sie sich sicher fühlen.

Was ist ein «Cat Stress Score»?

Der «Cat Stress Score» (CSS) wurde 1992 von der Verhaltensforscherin Sandra McCune entwickelt und 1997 von Mirjam R. Kessler und Dennis Turner um einige Kriterien erweitert. Sieben definierte Stresslevel teilen den CSS auf. Beschreibungen von Körperhaltungen sowie Bewegungen indizieren die Position auf der Skala. Beispielsweise liegt eine entspannte Katze ausgestreckt und reagiert positiv auf Kontaktaufnahme. Grössere Anspannung zeigt sich in zunehmend aufrechter Körperhaltung, der Schwanz schlägt aufgeregt oder wird unter dem Körper versteckt. Eine Tabelle finden Sie hier.

Andere Rückzugsmöglichkeiten

Es gibt auch noch andere Rückzugsmöglichkeiten für unsere Katzen als Kartons und Kisten. Katzenhöhlen, Katzenkörbe und Katzenbäume geben Ihrer Katze ein Gefühl der Sicherheit und dienen ebenfalls als Rückzugsort. Im Vergleich zu den Kartons-Kisten sorgen die Katzenhöhlen und co. auf jedem Untergrund für ein wohliges Gefühl und angenehme Wärme.

Eine Kartonbox unterstützt die Wärmespeicherung Ihrer Katze

Aber kann das der einzige Grund für dieses Verhalten sein? Vermutlich gibt es neben dem Sicherheitsbedürfnis der Feliden noch einen anderen Antrieb, warum Katzen kleine, teilweise geschlossene Räume bevorzugen, um sich darin zurückzuziehen.

Während die meisten Menschen eine Umgebungstemperatur von 24 Grad Celsius für gemütlich halten, ist dies für die meisten Katzen viel zu kalt. Laut einer Studie,₃ die 2006 im ≪National Research Council; Nutrient Requirements of Dogs and Cats≫ veröffentlicht wurde, haben unsere Fellnasen gerne Temperaturen zwischen 30 und 36 Grad. Indem sich Katzen in einem kleinen Raum zusammenrollen, können sie ihre Körperwärme länger speichern und den Raum um sich herum effizient aufheizen, sodass sie sich bald in wohliger Wärme befinden. Katzen liegen gerne in der prallen Sonne oder auf dem Radiator respektive der Zentralheizung. In der kälteren Jahreszeit ist eine enge Kiste genau das Richtige, um mit der eigenen Wärme sorgsam umzugehen.

Kartons bieten unseren Stubentigern also nicht nur einen sicheren Rückzugsort, sondern auch Wärme. Bevor Sie also das nächste Mal einen Karton in Katzengrösse entsorgen, lassen Sie diesen doch ein paar Tage für Ihren Liebling stehen.

Katzen, die in Kreisen sitzen

Im Internet finden sich zahllose Berichte, Fotoklickstrecken und Videos auf einschlägigen Portalen, die nahelegen, dass Katzen auf recht ähnliche Weise reagieren, wenn sie einen Kreis auf dem Boden vorfinden. Sie können das zu Hause einfach nachstellen. Formen Sie aus einem Tuch, einer Schnur oder Ähnlichem auf dem Boden einen Kreis und machen Sie Ihre Katze darauf aufmerksam. Glaubt man den Berichten, so würden die Tiere, sobald sie den Kreis einmal betreten haben, gleichsam wie gebannt diesen nicht mehr verlassen können oder wollen.

Eine vernünftige Erklärung für dieses Phänomen wurde bislang noch nicht gefunden und es spricht vieles dafür, dass es herbeigeschrieben wird. Die Spekulationen reichen vom Geruch des verwendeten Materials bis hin zu zahlreichen paranormalen Ansätzen, die zum Beispiel auf durch den Kreis gebündelten Schwingungen basierten.

Versuchen Sie es doch selbst einmal und wenn Sie es geschafft haben, schreiben Sie uns in den Kommentaren, was passiert ist.

Quellen:

Bilder:
© Adobe Stock

 

Schreibe einen Kommentar

Geschlecht