Leinentraining – An die Leine, fertig, los! Teil 2

Im letzten Artikel haben Sie eine Anleitung erhalten, wie Ihr Büsi das Katzengeschirr lieben lernt und wie Sie das stressfreie Anziehen erarbeiten können. Erst wenn Ihr Stubentiger das gut akzeptiert und sich frei mit dem Geschirr bewegt, geht es an die nächste Lektion.

Die Katzenleine stellt für das Büsi eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit dar. Angedachte Ziele können mit Leine möglicherweise nicht erreicht werden und lösen Frustration aus. In einigen Fällen kann das «Gehaltenwerden» – obwohl der Mensch doch zwei Meter weiter steht – sogar Panik auslösen, da der Grund im ersten Moment nicht greifbar ist. Vor allem in Situationen, in denen die Katze sich schnell in Sicherheit bringen möchte, kann die Einschränkung an der Leine traumatische Erfahrungen hervorrufen. Eine sorgfältige Vorbereitung hilft, solche Situationen abzufangen.

Erstes Leinentraining findet daher in der Wohnung statt, wo sich das Büsi sicher fühlt und Schritt für Schritt an die neue Situation herangeführt werden kann.

Trainingsziel: Abdrehen, wenn die Leine spannt und Richtungsangeboten folgen.

Vorbereitung des Leinentrainings

  • Möglichst variable Belohnungsmöglichkeiten vorbereiten:
    ➝ Trainingsleckerli
    ➝ Angelspiele
    ➝ Knuddeleinheiten
    ➝ Zur Erinnerung: «K+B» heisst Klick und Belohnung
  • Optional: Stab für Nasenstups
  • Optional: Helfer mit lockenden Reizen (zum Beispiel Reizangel)
  • Komfortables, gut sitzendes Katzengeschirr
  • Leine, optional mit Ruckdämpfer
  • Hängen Sie die Leine am Geschirr Ihrer Katze ein und laufen Sie mit ihr an möglichst lockerer Leine einige Schritte herum. Gehen Sie Ihrer Katze einfach nach, folgen Sie ihr überall hin.
    ➝ Bewegungen provozieren können Sie, indem Sie Leckerli werfen und Ihre Katze nachspringen lassen.
    ➝ Achten Sie darauf, dass der Leinenradius die ersten Male nicht überschritten wird. Wenn doch,
    lassen Sie die Leine erst mal fallen. In der Wohnung kann ja nichts passieren.
    ➝ Sie können Ihr Büsi auch einige Schritte mit dem Stab durch die Wohnung führen.
    ➝ Die Leine sollte immer minimal durchhängen, aber niemals den Boden berühren. Fassen Sie die Leine also kürzer, wenn die Katze näher bei Ihnen ist und lockern Sie sie stückweise, wenn sie sich von Ihnen entfernt. So werden Verwicklungen zuverlässig verhindert und Ihre Katze kann sich frei bewegen. Wenn Ihr Büsi sich von der Leine und Ihrer Verfolgung nicht weiter verunsichern lässt, beginnt das eigentliche Training.

Los geht’s!

Erster Schritt: Katzenleine halten und warten

  • Nutzen Sie einen Moment, in dem Ihr Büsi sich von Ihnen entfernt und halten Sie nun erstmals die Katzenleine fest, sodass es einfach nicht weitergeht. Ziehen Sie nicht an der Leine; bleiben Sie einfach stillstehen.
    ➝ Warten Sie einen Moment ab, wie Ihr Büsi reagiert.
    ➝ K+B gibt es für jedes Stehenbleiben und für jede Bewegung in Ihre Richtung.
  • Stehenbleiben
    Prüfen Sie, ob Ihre Katze wirklich stehen bleibt, indem Sie die Leine minimal lockern. Versucht sie weiterzugehen, wird sie wieder abgebremst. Bleibt sie wirklich stehen, K+B.
  • Zu Ihnen schauen: K+B
  • Zu Ihnen umdrehen: K+B
  • In Ihre Richtung laufen: K+B
    ➝ Helfen Sie Ihrem Büsi ruhig aktiv, indem Sie in der entgegengesetzten Richtung oder in einem Winkel zur Laufrichtung Ihrer Katze eine Belohnungsmöglichkeit in Aussicht stellen. Hier kann
    sehr gut der Stab für den Nasenstups als Einladung eingesetzt werden.
    ➝ Setzt sich Ihre Katze oder legt sie sich hin, sollten Sie dies nicht explizit belohnen. Damit würden Sie die Passivität Ihres Büsi fördern, was Spaziergänge sehr mühsam machen kann. Warten Sie stattdessen ab und motivieren Sie Ihr Büsi, in eine andere Richtung weiterzugehen, um sich dort eine Belohnung abzuholen.
    ➝ Manche Katzen versuchen durch Rückwärtslaufen aus dem Geschirr zu schlüpfen. Verhindern Sie unbedingt, dass Ihr Büsi hiermit Erfolg hat!
  • Sobald Ihre Katze Ansätze dazu zeigt, geben Sie so weit nach, dass keine Spannung mehr vorhanden ist, mit der ein Herausschlüpfen möglich wird.
  • Halten Sie anschliessend sofort wieder fest und versuchen Sie Ihr Büsi zu motivieren, Ihren Angeboten zu folgen.
  • Wiederholen Sie diesen Trainingsschritt, lassen Sie Ihr Büsi aber zwischendurch auch an lockerer Leine einige Schritte laufen ohne gebremst zu werden. Bremsen Sie es in der ersten Trainingslektion maximal dreimal ab, um eine Richtungsänderung zu provozieren und diese zu belohnen.

AUSBRUCHKÜNSTLER

Manche Katzen lassen sich nicht von der Idee abbringen, aus dem Geschirr zu schlüpfen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.

• Ängstliche Katzen benötigen unbedingt die Sicherheit, dass ihnen durch die Bewegungseinschränkung nichts passieren kann.
➝ Lassen Sie Ihrer ängstlichen Katze daher unbedingt Zeit, diese Erfahrung zu machen und ermöglichen Sie ihr zu Beginn auch an der gespannten Leine ihre Ziele zu erreichen – einfach nur etwas langsamer.
➝ Warnen Sie Ihre Katze jedes Mal vor, wenn sie das Ende der Leine erreicht und die Einwirkung gleich erfolgen wird. So kann sie sich darauf einstellen und wird nicht überrascht.
➝ Erst wenn die Einwirkung der Leine keine Angst mehr hervorruft, beginnen Sie ganz sanft sie auszubremsen und umzulenken.

• Sehr aufgestellte, unerschrockene Stubentiger haben vor allem Mühe mit der Frustration und werden grantig, wenn sie ihr Ziel nicht erreichen können.
➝ In diesem Fall wirkt das Vorwärtskommen, wenn die Katzenleine im Fall eines Ausbruchversuchs nachgegeben

wird, möglicherweise belohnend.
➝ Ist das der Grund für die ständigen Ausbruchversuche, können Sie statt nachzugeben sehr sanft an der Leine zupfen, sobald Ihre Katze auszubrechen versucht. So wird sie einen Schritt in Ihre Richtung gezogen und kann ihr Vorhaben nicht beenden, weil die Leine sofort wieder locker ist.
➝ Anschliessend kann erneut das Angebot gestellt werden, dass eine andere Richtung verfügbar und lohnenswert ist.
Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihr Büsi bei einem Spaziergang mit Ihnen unter keinen Umständen ausbrechen wird, sollten Sie solche Situationen zuvor in der Wohnung unbedingt provozieren und trainieren. Erst wenn Ihr Büsi keine Ansätze mehr zeigt auszubrechen, ist der Leinenspaziergang eine sichere Option. Als zusätzliche Absicherung kann ein Katzenhalsband angelegt werden, das mit dem Geschirr verbunden wird und einen letzten Notanker darstellt, sollte ein Ausbruchversuch doch mal gelingen.

Sollte Ihre Katze sich gar nicht von Ihnen weg bewegen, wenn sie an der Leine ist, können Sie direkt zum zweiten Schritt übergehen.

Zweiter Schritt: Frustration provozieren und Auswege bieten

Ihr Büsi hat die Wirkung der Leine nun kennenlernen dürfen und hat eine Idee, welche Handlungen in diesem Moment möglich und lohnenswert sind. Nun geht es darum, Situationen zu provozieren, die ein zielgerichtetes Verhalten auslösen, dann aber frustriert werden. Solche Situationen warten draussen an vielen Ecken und Sie tun gut daran, für diesen Fall vorbereitet zu sein.

  • Halten Sie Leckerli oder beliebtes Spielzeug parat und heizen Sie Ihre Katze damit an.
  • Legen Sie die lockende Belohnung ausserhalb der Reichweite Ihrer Katze auf den Boden und halten Sie sie nun mit der Leine davon ab, dorthin zu gelangen.
    ➝ Wie beim ersten Schritt belohnen Sie jedes Abwenden, zum Beispiel auch mit Leckerli, die in die andere Richtung fliegen und dann erbeutet werden können.
    ➝ Helfen Sie Ihrem Büsi wie gehabt, um die Strategie «Abwenden, wenn die Leine spannt» zu festigen.
  • Klappt das mit liegenden Belohnungsreizen, können Sie als Nächstes bewegte Belohnungsreize nutzen.
    ➝ Leckerli fliegen weg, ein Nachspringen wird aber mittels Leine verhindert.
    ➝ Eine Reizangel schlägt Kapriolen, aber Ihr Büsi kann sie nicht erreichen. (Hierfür ist es geschickt,
    wenn Sie einen Helfer haben.) Sobald Ihre Katze auch starken Lockreizen widerstehen kann und sich bereitwillig zu Ihnen umwendet, sobald die Leine spannt, sind Sie beide bestmöglich für einen Leinenspaziergang vorbereitet.

Endlich raus, auf ins Abenteuer!

Bevor Sie sich endgültig mit Ihrem Büsi nach draussen wagen, sollten Sie zumindest die nähere Umgebung auf Eignung für Ihr Vorhaben prüfen und wenn nötig etwas ausstatten.

  • Ein vertrauter und geschützter Ort ist Start- und Endpunkt des Spaziergangs. Ihre Katze muss selbstständig entscheiden können, ob sie diesen Ort verlassen oder wieder dahin zurückkehren möchte.
    ➝ Wohnen Sie im Erdgeschoss, ist die Wohnung und die daran angrenzende Terrasse der geschützte Ort, von dem aus ihre Ausflüge beginnen.
    ➝ Für Wohnungskatzen in einem höheren Stockwerk ist es wichtig, einen geschützten Ort als Ausgangspunkt vorzubereiten, zum Beispiel:
  • einen Kellerraum, eine leer stehende Garage oder einen Schuppen, zur Not auch eine geschützte Hausecke
  • Dieser Ort wird vorab mit bekannten Gegenständen aus der Wohnung «eingerichtet». Der vertraute Geruch und einige Aussichtsplätze und Rückzugsorte bieten dem Büsi die nötige Sicherheit, um sich ins Abenteuer stürzen zu können.
    ➝ Ein Transportkorb, der von Ihrer Katze gerne als Rückzugsort genutzt wird, kann vor allem für schüchterne Exemplare als mobile, immer verfügbare Sicherheitszone mitgenommen werden.
  • Katzen benötigen Deckung bietende Strukturen, um sich sicher und frei bewegen zu können.
Katzenleine_Katze_an_die_Leine_gewöhnen
Im Falle einer Schrecksituation versuchen Sie Ihrer Katze Deckung zu bieten und halten Sie sie am Boden fest. Auf keinen Fall sollten Sie Ihr Büsi in so einem Moment auf den Arm nehmen!

Diesem Wunsch sollten Sie auch an der Leine entsprechen können.
➝ Direkt vor der Terrassen- oder Wohnungstür können Gegenstände aufgestellt werden, die den Raum strukturieren. Blumenkästen, Kisten, Gartenstühle und mit Decken verhängte Tische bieten schon eine Vielzahl von Möglichkeiten.
➝ Prüfen Sie, wie es von dort aus weitergehen kann. Können Sie an Büschen und parkenden Autos vorbeilaufen?
➝ Freie, weit übersehbare Flächen werden von Ihrer Katze sehr wahrscheinlich sehr schnell durchquert oder vollständig vermieden. Seien Sie darauf vorbereitet.

  • Für den ersten Versuch sollten Sie reizarme Zeiten auswählen, um sich und Ihr Büsi nicht zu überfordern.
    ➝ In der Stadt eignen sich nächtliche Ausflüge besonders gut, da hier der Verkehr deutlich reduziert ist und auch nicht so viele Menschen und Hunde anzutreffen sind.
    ➝ Meiden Sie berufsbedingte Stosszeiten, bei denen viel Verkehr herrscht und viele Anwohner gestresst ihres Weges gehen. Gleiches gilt für Schulbeginn und -ende.

Sobald Sie diese letzten Vorbereitungen getroffen haben, steht einem Leinenspaziergang mit Ihrer Katze nichts mehr entgegen.

  • Nehmen Sie sich Zeit. Ihre Katze bestimmt Geschwindigkeit und Richtung der Erkundungsausflüge.
    ➝ Wenn Ihr Büsi bei den ersten Versuchen nur an einem Ort verbleibt und beobachtet, dann akzeptieren Sie dies unbedingt. Bleiben Sie dabei, streicheln Sie Ihr Büsi und üben Sie sich in Geduld. Kleine Klickerübungen können dabei helfen, das Vertrauen schneller herzustellen!
    ➝ Wo immer es möglich ist, gehen Sie Ihrer Katze einfach hinterher und lassen Sie sich überraschen, wo sie Sie hinführt.
    ➝ Bieten Sie Ihrer Katze immer mal wieder an zu Ihnen zu kommen, um ein Leckerli oder eine Schmuseeinheit abzuholen. Hocken Sie sich hierfür einladend hin und stärken so das Vertrauen in Ihre Anwesenheit.
  • Wenn Ihre Katze Wege wählt, die für Sie nicht zugänglich sind, sprechen Sie sie an, halten die Leine fest und bieten – wie eingeübt – eine alternative Richtung an.
    ➝ K+B können Sie auch hier nutzen, um das Nachgeben und Folgen zu belohnen.
    ➝ Sollte es einmal nicht möglich sein, Ihr Büsi zu überzeugen, sammeln Sie Ihren Stubentiger ein und tragen ihn ein Stück zu einer geschützten Stelle, von der aus es weitergehen kann. Bei Katzen, die sich nicht tragen lassen, könnte hier der Transportkorb eine Option sein.
  • Auf dem Weg zurück nach Hause begrenzen Sie einfach jede Richtung weg vom Ausgangsort.
    ➝ Geht Ihr Büsi in die passende Richtung, laufen Sie ihm nach, entfernt es sich vom Ausgangsort, bremsen Sie es aus und bieten die passende Richtung an.
    ➝ Lassen Sie sich auch hierbei Zeit und gängeln Sie nicht.
  • Vor allem für Stubentiger, die sonst keinen Freigang geniessen, ist es wichtig, dass sie selber den Weg zurück zum Ausgangsort gehen, um die Orientierung einzuüben.
  • Sollte es aus irgendeinem Grund einmal passieren, dass das Büsi sich aus dem Geschirr befreit, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Weg zurück gefunden wird.

Ihnen und Ihrem Büsi wünschen wir nun beste Erfahrungen mit gemeinsamen Leinenspaziergängen.

SCHRECK LASS NACH – WENN DAS BÜSI FLÜCHTEN WILL
Trotz bester Vorbereitung und umsichtiger Unterstützung kann es jederzeit passieren, dass Ihre Katze sich draussen stark erschreckt. Flucht ist in dem Fall die einzige Option Ihrer Katze, und die ist dank Katzengeschirr und Katzenleine nicht uneingeschränkt
möglich. Besonnenes Handeln ist in diesem Fall wichtig!

• Laufen Sie unbedingt so weit wie möglich mit Ihrer Katze mit und halten Sie die Leine fest!

• Folgen Sie Ihrer Katze wenn möglich zu einem Ort, der Deckung bietet und wo sie sich beruhigen kann.

• Ist keine Deckung in der Nähe verfügbar, holen Sie Ihre Katze mit kürzer gefasster Leine ein. Greifen Sie ins Geschirr und halten Sie sie am Boden fest.
Hocken Sie sich anschliessend schützend über Ihre Katze, bis die Bedrohung vorbei ist und sie sich wieder sicher fühlt.

• Bitte widerstehen Sie der Versuchung, Ihre Katze in solch einer Situation auf den Arm zu nehmen. Das ist gefährlich und steigert in der Regel die Angst Ihrer Katze.

Quellen:

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