Katzenschwanz – Die verlängerte Wirbelsäule

Der üblicherweise lange Katzenschwanz besteht aus um die zwanzig Wirbelkörpern. Für verschiedene Balanceakte und gezielte Sprünge ist die verlängerte Wirbelsäule als Balancierstange sehr hilfreich. Zudem ist der Katzenschwanz ein essenzielles Kommunikationsmittel unter den Artgenossen.

Ohne Katzenschwanz keine Balance?

Ein fehlender Katzenschwanz scheint keine direkten Einschränkungen für die Katze mitzubringen. Das zeigen Berichte von den schwanzlosen Manx-Katzen. Nur wenn neben dem Fehlen Katzenschwanz auch Verkümmerungen im Kreuzbein anschliessen, sind Bewegungseinschränkungen ersichtlich. Inwiefern das Fehlen des Schwanzes für die Verständigung der Katze nachteilig ist, wurde nicht weiter untersucht. Sicher wissen die klugen Tiere den Verlust dieses Kommunikationsmittels ebenso zu kompensieren wie beim Balancieren und Springen. Doch sicher ist auch, dass der Katzenschwanz ein sehr ausdrucksstarkes Gefühlsbarometer der Samtpfoten ist, nicht viel anders als bei Hunden und Pferden.

Katzenschwanz-Signale richtig deuten

Sie kennen sicher die Behauptung: «Ein mit dem Schwanz wedelnder Hund sei freundlich, eine Katze, die mit dem Schwanz wedelt, dagegen angriffslustig.» Sicherlich kennen Sie auch Ihre eigene Katze und können bestätigen, dass der letzte Teil des Satzes nicht stimmt. Genauso verhält es sich auch mit dem ersten Teil. Es handelt sich nur um Halbwahrheiten, deren Bild wir nun gerne vervollständigen möchten Die Bewegung des Schwanzes hat tierartspezifisch teils besondere Funktionen. So wird das Schlagen des Schweifs beim Pferd auch genutzt, um Fliegen abzuwehren. Doch darüber hinaus ist die Bewegung oft ein simpler Indikator für die momentane Erregungslage.

Die Signale bei Anspannung

Die Anspannung der Katze ist anhand der Bewegung des Katzenschwanzes und deren Geschwindigkeit zu erkennen. Gemeinsam können diese beiden Elemente einen Hinweis auf die momentane Gemütsverfassung des Büsis offenlegen. Weiche Bewegungen mit dem Schwanz sind nur bei geringer Anspannung der Katze möglich. Eine weiche Bewegung der Schwanzspitze bei Katzen sieht man häufig bei einer gewissen Aufmerksamkeit. Diese ist fast permanent vorhanden, wenn nicht andere Erregungszustände oder Schlaf überwiegen. Bei freudiger Erregung kann der Schwanz einer Katze von einer Seite zur anderen schwingen, wie bei einem fröhlich wedelnden Hund. Bei steigender Anspannung werden die Bewegungen des Schwanzes abgehackt. Vielfach hört man dabei das deutliche, abgesetzte Klopfen des Katzenschwanzendes auf den Untergrund – ein deutliches Zeichen für beginnenden Unmut eines Büsis. Im Stehen ist dies durch ruckartige Bewegungen im Schwanz erkennbar. Das Zittern des Katzenschwanzes ist eine unwillkürliche Erregung, die bei übermässiger Freude, aber auch bei Frustration, teils in Kombination mit dem Markieren gezeigt wird. Oft ist dieses Zittern kombiniert mit einem aufgestellten Fell. Vergleichen Sie dies mit dem kurzen Gänsehautgefühl, das wir in überwältigenden Momenten erfahren.

Informationsaustausch zwischen Artgenossen

Neben der Bewegungsintensität ist auch die Position des Katzenschwanzes informativ. Wir vergleichen das mit einem Facebook-Profil, das offen oder geschlossen gehalten wird. Katzen, die einen Informationsaustausch pflegen wollen, halten den Schwanz oben oder schwingen ihn weit zur Seite, um die geruchlichen Informationen ihres «Facebook-Profils» freizugeben. Wird in dieser Position weit ausholend gewedelt, kann der Individualgeruch der Katze noch besser verteilt werden. Dagegen ist der Schwanz der Katze angelegt oder gar eingezogen, wenn ein Informationsaustausch nicht gewünscht ist. So zeigt ein eingeklemmter Schwanz meist Angst oder deutliches Unwohlsein der Samtpfote. Wird in dieser Position gewedelt, bewegt sich bei einer Katze meist nur die Schwanzspitze. In diesem Fall ist Vorsicht angesagt, denn hierauf könnte ein aggressiver Befreiungsschlag folgen, wenn das Büsi sich bedrängt fühlt. Anders als die meisten Hunde sind Katzen bei offensiver Bedrohung durch einen Artgenossen nicht an einer sozialen Lösung interessiert. Katzen halten ihren Schwanz daher auch in diesem Moment unten, wenn auch nicht eingeklemmt. In einem umgedrehten «L» wird der Schwanz senkrecht nach unten gezogen, die Schwanzspitze wedelt nervös auf Höhe der Sprunggelenke. Im Vergleich dazu versuchen Hunde meist mit weit erhobener Rute den Artgenossen zu beeindrucken und das Gegenüber einzuschüchtern.

Katzeneigene Signalelemente

Neben den tierartübergreifenden Signalen zeigen Katzen noch ganz eigene Signalelemente mit ihrem Schwanz. Um unleidige Artgenossen oder andere Tiere zu vertreiben, nutzen Katzen den Schwanz auch als Überraschungselement. Klein und geduckt schiessen sie auf den unerwünschten Besucher zu und richten kurz vor dem meist angedeuteten Angriff Körper und Schwanz ruckartig auf. Durch die plötzliche Grösse der Katze werden die so angegifteten Tiere verunsichert und sind leichter zu überzeugen, den Rückzug anzutreten. Der bei der Begrüssung typisch aufgerichtete Schwanz einer Katze wird auch als «Schwanzgruss» bezeichnet. Hierbei schwingt die Schwanzspitze oft leicht herabhängend hin und her. Der Ursprung dieses Verhaltens ist das sogenannte «Nachfolgesignal» von Jungkatzen. Wenn die Katzenwelpen der Mutterkatze nachlaufen, können sie im hohen Gras leicht verloren gehen. Die schwingende Schwanzspitze bietet hier ein auffälliges Signal, das der Aufmerksamkeit der Mutterkatze nicht entgeht. Die Hauskatzen behalten dieses Signal gegenüber befreundeten Tieren und Menschen bei und signalisieren damit eine freundliche Annäherung. Eine Besonderheit der Katzen ist eine Art «Umarmung» mit dem Schwanz, ähnlich Menschen, die ihren Arm um einen vertrauten Partner legen. So legt eine Katze ihren Schwanz über den Rücken eines befreundeten Artgenossen oder streicht diesen entlang der Beine des geliebten Menschen. Auch Hunde werden so von Katzenschwänzen liebkost.

Quellen:

• Erschienen im Schweizer Katzen Magazin Feb./März 2019, S. 20-22, Autorin Katrin Schuster

• Bilder: Adobe Stock

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